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Um die vom Schweizer Stimmvolk beschlossenen Energieziele 2050 zu erreichen, führt an der Photovoltaik kein Weg vorbei. Doch wie steht es aktuell um die Solarenergie in der Schweiz? Werden entsprechende Anlagen genügend gefördert? Und inwiefern profitiert der Besitzer davon? David Stickelberger, Geschäftsleiter von Swissolar, kennt die Antworten.
Irgendwie tönt es paradox, doch die Fakten sprechen eine klare Sprache: Gerade die Einschränkungen bezüglich Covid19 haben der Solarenergie zusätzlichen Aufwind verschafft. Denn während die Welt quasi stillstand, haben viele die Zeit gefunden, um geplante Projekte in die Tat umzusetzen. Und die Entwicklung geht weiter: David Stickelberger schätzt, dass der Markt dieses Jahr gegenüber 2019 um rund einen Viertel wächst. Gleichzeitig wird der Anteil an Solarstrom auf etwa 4,5 % steigen. Doch im Vergleich zu Deutschland ist das eher wenig – dort ist dieser Wert etwa doppelt so hoch. Woran liegt das? Laut David Stickelberger sind dafür mehrere Faktoren verantwortlich. «Der grösste Unterschied liegt in den Kosten. Dort sind die Photovoltaikanlagen wesentlich günstiger, und das rechnet sich trotz tieferen Löhnen.» Zudem ist das Verfahren zur Bewilligung einer solchen Anlage in Deutschland wesentlich einfacher. «Genau hier müsste man in der Schweiz ansetzen: Mehr Anreize schaffen und so die Motivation zum Umstieg erhöhen.»
Zwar gibt es auch in der Schweiz entsprechende Förderprogramme für alternative Energien. So profitieren Besitzer von Photovoltaikanlagen aller Grössen von einer Einmalvergütung, die bis zu 30% der Investitionskosten abdeckt. Bei kleineren Photovoltaikanlagen bis 100 kW ist dies die kleine Einmalvergütung KLEIV. Für grössere Anlagen ab 100 kW greift die Einmalvergütung GREIV. Gerade für grössere Anlagen leistet dies aber nur einen bescheidenen Beitrag. Damit diese rentabel betrieben werden können, muss derzeit ein möglichst grosser Teil der Stromproduktion direkt vor Ort verbraucht werden. Die Folge davon: Viele potenzielle Nutzungsflächen bleiben ungenutzt.
Mit dem sogenannten «Zusammenschluss zum Eigenverbrauch» ZEV wurde anfangs 2018 ein neues Instrument eingeführt, um auch grössere Photovoltaikanlagen im privaten Bereich zu fördern. Damit können nicht nur Mehrfamilienhäuser, sondern auch mehrere aneinandergrenzende Grundstücke zusammengeschlossen werden. Gegenüber dem Energieversorger treten diese als ein Kunde auf. Die Verteilung innerhalb der einzelnen Parteien wird durch ein entsprechendes Managementsystem gewährleistet. Die eigentliche Strommessung durch den Energieversorger läuft dabei über einen einzigen Zähler. So kann ein wesentlich höherer Eigenverbrauch erreicht werden als bei kleineren Anlagen. «Solche Eigenverbrauchsgemeinschaften sind aus meiner Sicht ein wichtiger Schlüssel für die Zukunft der Solarenergie», so Stickelberger. «Allerdings sind solche Anlagen natürlich sowohl technisch als auch administrativ eine grössere Herausforderung. Umso wichtiger, dass bei der Planung von Beginn weg Spezialisten einbezogen werden.»
Bisher wurden Photovoltaikanlagen vor allem auf Dächern mit geeigneter Ausrichtung installiert. Dabei liegt in der Nutzung von Fassadenflächen ein riesiges Potenzial. Denn im Gegensatz zur klassischen PV-Anlage auf dem Dach weisen gut ausgerichtete Fassadenanlagen eine relativ ausgeglichene Produktion im Sommer als auch im Winter auf. Auch die Beeinträchtigung durch Schneefall ist bei solchen Anlagen kein Thema. Ausserdem sind entsprechende Lösungen heute nicht nur technisch, sondern auch ästhetisch up to date: «Optisch ist eine solche Anlage kein Nachteil mehr. Es gibt eine Vielzahl von Modultypen, die sich mit einer dezenten Struktur optimal ins Gesamtbild einfügen oder sogar von Architekten als Gestaltungselement eingesetzt werden.»
Lediglich 4% des Schweizer Strombedarfs werden derzeit durch Solarenergie abgedeckt. Mit Blick auf das vorhandene Potenzial ist diese Zahl äusserst gering: «Würde man schon nur die besonders geeigneten Dach- und Fassadenflächen in der Schweiz mit PV-Anlagen bestücken, ergäbe sich eine jährliche Stromproduktion von 67 Terawattstunde. Das ist 10% mehr, als wir heute insgesamt an Strom verbrauchen», so David Stickelberger. Betrachtet man gar die Gesamtmenge an Sonneneinstrahlung auf die Fläche der Schweiz, erhält man 200-mal mehr Sonnenenergie, als wir im Jahr benötigen. Mit anderen Worten: Schon heute könnte sämtlicher benötigter Strom mit Photovoltaik produziert werden.
Wo liegt eigentlich heute die Motivation zur Anschaffung einer PV-Anlage? «Das gute Gefühl, etwas für die Umwelt zu tun, ist oft zentral. Ziel müsste es aber sein, dass sich dies auch finanziell mehr lohnt.» Heute liegt die Amortisationszeit bei einer PV-Anlage bei 10 bis 15 Jahren. Bei genügend Eigenverbrauch erreicht man damit eine Kapitalverzinsung von etwa 2 %. Keine schlechte Investition, bedenkt man die heutigen Zinssätze. Dazu kommt, dass PV-Anlagen immer günstiger werden: Allein in den letzten zehn Jahren sind die Preise um etwa 80% gesunken. «Ich bin zuversichtlich, dass dies künftig noch mehr Bauherren zum Umdenken bewegt.» Dazu kommt, dass der Boom nach Solarenergie einher geht mit der immer mehr aufkommenden Elektromobilität. «Wer ein Elektroauto fährt, kann dieses gleich mit dem überschüssigen Strom der eigenen PV-Anlage aufladen – so wird es noch günstiger und umweltfreundlicher.» Auch das weit verbreitete Gerücht, dass zur Produktion einer PV-Anlage mehr Energie verbraucht wird, als sie letztlich produzieren kann, widerlegt David Stickelberger: «Das Gegenteil ist der Fall. Eine Solarstromanlage produziert während ihrer Lebenszeit etwa zehn- bis fünfzehnmal so viel Strom, wie zur Produktion benötigt wird. Das energetische Payback ist damit nach etwa zwei Jahren erreicht.»
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